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Geflüchtete in Deutschland - Ihre schulische/berufliche Bildung und ihre Sprachkenntnisse

Zweiter Teilbericht einer repräsentativen Befragung veröffentlicht

Dies ist der zweite Teilbericht der jährlichen Wiederholungsbefragung, die erstmals im Jahr 2016 vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dem Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) durchgeführt worden ist.

Über Ergebnisse der ersten Teilauswertung berichteten wir am 12.12.2016 unter dem Stichwort Geflüchtete in Deutschland auf unserer Website. Damals standen Migrations- und Bildungsbiografien, Fluchtursachen und Arbeitsmarktintegration im Mittelpunkt. Für den zweiten Teil der Befragung wurde die Stichprobe auf über 4.800 erwachsene Personen ausgeweitet. Zu den Themen Bildung und Sprachkenntnissen stellen wir einige Ergebnisse vor; sie stützen sich auf die von den Befragten selbstberichteten Angaben und beziehen sich auf die Bundesebene.

Bildung im Herkunftsland

Mit den Fragen zu Bildungsbiographien wird untersucht, welche Voraussetzungen die Geflüchteten zu Sprachkenntnissen und (Aus-) Bildung mitbringen. Bereits im ersten Teilbericht wurde deutlich, dass das Bildungsniveau stark auseinander geht, vor allem im unteren und oberen Qualifizierungsbereich. Bei Personen aus Syrien, den Staaten des Westbalkans und dem Iran oder Pakistan sind die Anteile derjenigen mit einer nur 4-6-jährigen Grundschulbildung geringer als bei Geflüchteten aus Afghanistan, dem Irak und Eritrea oder Somalia. Aus Afghanistan kommt die größte Gruppe derjenigen (38 Prozent) mit weniger als Primarbildung. Die Auswirkungen von jahrzehntelanger Instabilität und Bürgerkriegen in Afghanistan, Eritrea und Somalia schlagen sich auch in Bildungsabschlüssen nieder, während Syrien bis 2011 ein funktionierendes Bildungssystem hatte.

Etwas mehr als ein Zehntel der Geflüchteten aus Syrien, dem Iran, dem Irak und Pakistan gaben an, nach zwölf bis dreizehn Schuljahren einen Abschluss zu besitzen. Eine weiterführende Schule haben insgesamt 41 Prozent der Männer und 36 Prozent der Frauen besucht (zwölf Schuljahre) und einen Abschluss erworben (Männer: 36 Prozent, Frauen: 32 Prozent).

Beim beruflichen Bildungsniveau fällt auf, dass der Anteil von jeweils acht Prozent mit einem Berufsabschluss bei Männern und Frauen relativ gering ausfällt. Dies lässt sich mit einem fehlenden, dem deutschen Berufsausbildungssystem vergleichbaren System erklären. Gleichwohl verfügen Geflüchtete auch ohne formale Qualifizierung arbeitsmarktlich verwertbare Qualifikationen. Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigen sich bei der Hochschulbildung. Während Männern und Frauen mit 18 bzw. 17 Prozent zu annähernd gleichen Teilen eine Universität oder eine andere Hochschule besucht haben, haben 14 Prozent der Frauen gegenüber 12 Prozent der Männer einen Fach-/ Hochschulabschluss oder einen Doktortitel erworben.

Sprachkenntnisse und Alphabetisierung

Alphabetisierung und das vorhandene "Sprachpotenzial" begünstigen oder erschweren den Deutscherwerb. Das "Sprachpotenzial" sind die über die Alphabetisierung hinausgehenden muttersprachlichen Kenntnisse sowie weitere Sprachen. Während 82 Prozent der Befragten die Sprechfähigkeit ihrer jeweiligen Muttersprache als (sehr) gut bewerteten, fallen ihre Einschätzungen hinsichtlich Schreib- und Lesefähigkeit differenzierter aus. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Muttersprache von der offiziellen Landessprache abweicht.

Englischkenntnisse sind bei der Suche nach einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz hilfreich. Fast ein Viertel der Befragten gibt an, über gute oder sehr gute englische Sprechfähigkeit zu verfügen; etwa 29 Prozent über gute Lesekompetenz und ca. 26 Prozent über entsprechend gute Schreibfähigkeiten. Auf der anderen Seite schätzten ca. 58 Prozent ihre englische Sprechkompetenz als eher schlecht ein.

Neben Englisch nannten 10 Prozent Französischkenntnisse als weitere Sprache. Insgesamt hat ein nicht unerheblicher Anteil bereits Erfahrungen mit Zwei- oder Mehrsprachigkeit gemacht, was sich vorteilhaft beim Deutscherwerb auswirken dürfte.

Auf eine besondere Förderung beim Deutscherwerb sind vor allem diejenigen angewiesen, die der Gruppe der Analphabeten zuzurechnen sind; dies betrifft etwa acht Prozent der Befragten.

Deutschkurse und Kinderbetreuung

Dass die Selbsteinschätzung von Deutschkenntnissen in hohem Maße von Bildungsabschlüssen abhängt, ist wenig überraschend: Vor allem Geflüchtete mit höheren Bildungsabschlüssen sprechen die deutsche Sprache besser. Jeder fünfte Geflüchtete gibt an, (sehr) gut Deutsch zu sprechen. Unterschiede ergeben sich jedoch zwischen den Geschlechtern. Während ein Viertel der männlichen Befragten angaben, gut oder sehr gut Deutsch zu sprechen, war dies bei den Frauen bei ca. 15 Prozent der Fall.

Deutschkenntnisse hängen neben der Aufenthaltsdauer in hohem Maße vom Besuch öffentlicher Sprachfördermaßnahmen ab. Die Teilnahme an Deutschkursen wird jedoch durch die Betreuungssituation von Kindern entscheidend beeinflusst und betrifft vor allem Frauen. Ist eine externe Betreuung für alle Kinder gegeben, steigt die Teilnahme von Frauen deutlich an: bei BAMF-Integrationskursen auf 35 Prozent, bei Männer liegt sie bei 42 Prozent. Bei anderen Sprachprogrammen mit Kinderbetreuung fällt der Unterschied noch geringer aus. Es ist daher empfehlenswert, den Sprach- und Bildungserwerb insbesondere für Frauen mit Kindern durch Angebote mit kombinierter Kinderbetreuung attraktiv zu gestalten.

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