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Geflüchtete in Deutschland: Wer sie sind und was sie vorhaben

Erster Teilbericht einer repräsentativen Befragung veröffentlicht

Über die Geflüchteten in Deutschland wird mit einer bundesweiten Befragung derzeit eine repräsentative Datengrundlage geschaffen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) haben aktuell die ersten Teilergebnisse in einem Bericht vorgelegt. Er umfasst die Auswertung der Antworten von gut 2.300 Befragten, die nach dem Ausländerzentralregister von Januar 2013 bis Januar 2016 nach Deutschland eingereist sind und einen Asylantrag gestellt haben. Die Befragung ist als Längsschnitt angelegt, ihre Ergebnisse beziehen sich auf die Bundesebene. In einem zweiten Teil soll die Stichprobe auf mindestens 4.500 Befragte erweitert werden.

Gefragt wurde unter anderem nach den Migrations-, Bildungs- und Erwerbsbiografien, nach Fluchtursachen und Fluchtwegen sowie nach Einstellungen und der Arbeitsmarktintegration. Aus den vorläufigen Ergebnissen des ersten Teils stellen wir einige Ergebnisse vor.

Auf der Flucht – Motive und Kosten

Als wichtigstes Fluchtmotiv nennen die Befragten mehrheitlich Angst vor gewaltsamen Konflikten und Krieg, Verfolgung, Diskriminierung und Zwangsrekrutierung. Geflüchtete aus Westbalkan-Staaten berichten von prekären Lebensbedingungen, der schlechten wirtschaftlichen Situation und Diskriminierung. Als wichtigsten Grund nach Deutschland zu kommen heben 73 Prozent die Achtung der Menschenrechte hervor, 43 Prozent geben das deutsche Bildungssystem an und 42 Prozent nennen das Gefühl, willkommen zu sein. Die durchschnittlichen Kosten der Flucht aus dem Herkunftsland lagen bei gut 7.100 Euro, aus einem Transitland lagen sie bei etwa 5.200 Euro. Allerdings variieren die Fluchtkosten je nach Herkunftsland stark. Die Flucht ist neben den beträchtlichen Kosten auch mit erheblichen Bedrohungen verbunden. So hat ein Viertel von Ihnen Schiffbruch erlitten, drei Fünftel haben körperliche Übergriffe und Raubüberfälle erlebt, und 15 Prozent der Frauen berichten von sexuellen Übergriffen.

Bildung und Deutschkenntnisse

Das Bildungsniveau geht stark auseinander. Während 32 Prozent in zwölf Schuljahren einen weiterführenden Schulabschluss und 22 Prozent einen mittleren Abschluss erlangt haben, haben 26 Prozent die Schule ohne Abschluss verlassen. Im Vergleich zur deutschen Bevölkerung liegt die Bildungsstruktur der Geflüchteten weniger in der Mitte sondern der größere Anteil ist am unteren Ende des Qualifikationsspektrums zu finden. Hoch sind hingegen die Bildungsambitionen der Geflüchteten: 46 Prozent der Erwachsenen streben einen allgemeinbildenden Schulabschluss an, 66 Prozent einen beruflichen Abschluss. Einen akademischen Abschluss möchten 23 Prozent erwerben.

Die tatsächliche Bildungsbeteiligung fällt demgegenüber noch gering aus: nur 5 Prozent der erwachsenen Befragten besuchten (Hoch-) Schulen oder machten eine berufliche Ausbildung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich mehr als die Hälfte der Befragten noch im Asylverfahren befand, eine weitere Gruppe (knapp 10 Prozent) hatte einen Duldungsstatus.

Was die Sprachkompetenz angeht, so schätzten 18 Prozent derjenigen, die noch keine zwei Jahre in Deutschland waren, ihre Deutschkenntnisse als gut oder sehr gut ein, 35 Prozent als mittel und 47 Prozent gaben an, über geringe oder gar keine Deutschkenntnisse zu verfügen. Nicht überraschend ist, dass das Sprachniveau von der Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen abhängt, aber auch von Aufenthaltsdauer, Anerkennung des Schutzstatus und einer dezentralen Unterbringung.

Arbeitsmarktintegration steht erst am Anfang

Hoch ist die Arbeitsmotivation der befragten Geflüchteten: 97 Prozent der Männer und 85 Prozent der Frauen geben an, "sicher" oder "wahrscheinlich" eine Erwerbstätigkeit ausüben zu wollen. Bereits in einem Beschäftigungsverhältnis waren zum Befragungszeitpunkt 14 Prozent. Insgesamt entspricht die gegenwärtige Entwicklung der Arbeitsmarktintegration recht genau dem zeitlichen Integrationsverlauf Geflüchteter in der Vergangenheit. Die Beratungsangebote der Bundesagentur für Arbeit beziehungsweise. der Jobcenter kennen zwar über 40 Prozent der Befragten, sie werden jedoch trotz steigenden Bekanntheitsgrades noch wenig genutzt. Vor dem Hintergrund ihres geringen Durchschnittsalters und der hohen Bildungs- und Erwerbsmotivationen lassen sich erhebliche Potenziale für eine Integration ins Bildungssystem und den Arbeitsmarkt ablesen.

Viele Gemeinsamkeiten – Demokratie und Grundwerte

Die Erhebung enthielt auch verschiedene Fragen zu Einstellungen und Wertvorstellungen der Geflüchteten. Über 90 Prozent sprechen sich für ein demokratisches System aus, ihre Antworten zu den Elementen einer Demokratie ähneln den Antworten deutscher Befragter. Allerdings unterstützt auch rund ein Fünftel die Idee eines "starken Führers". Abschließend lässt sich jedoch festhalten, dass die rechtsstaatlichen Grundüberzeugungen der Geflüchteten mit denen der deutschen Bevölkerung viel ähnlicher sind, als mit der jeweiligen Bevölkerung in ihren Herkunftsregionen.

Weiterführende Informationen:

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