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Podiumsdiskussion

Kommunale Bildungslandschaften und Fachkräftesicherung in Hessen: Perspektiven, Strategien und Handlungsoptionen

Moderation: Julia Klausing und Dr. Corinna Mühlig

Im Anschluss an den Einstiegsimpuls wurden in einer Gesprächsrunde die unterschiedlichen Sichtweisen auf Bildung und Fachkräftesicherung diskutiert. Auf dem Podium fand sich Karl-Friedrich Frese, Erster Kreisbeigeordneter des Landkreises Waldeck-Frankenberg, der bereits mit dem Programm Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte gute Erfahrungen sammelte und das den Kreis darin bestärkte, mit den Komponenten eines DKBM in der Lage zu sein, proaktiv zu handeln sowie das Engagement der Mitarbeitenden dabei hochzuhalten. Neben ihm war Martina Lenz von der Regionaldirektion Bundesagentur für Arbeit (BA) vertreten, die den Akteur als Schnittstelle zwischen Bund und Land und den Kooperationspartnern wie Kammern oder Gewerkschaften beschrieb, der die wichtige Funktion von Netzwerken in diesem Kontext unterstreichen und festigen solle. Sie betonte die Relevanz eines gemeinsamen Verständnisses von Gegenstand und Vorhaben und regte an, Entscheidungsfindungsprozesse breiter und strategischer aufzustellen. Als dritter im Bunde plädierte Dirk Werner, Leiter des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KoFa) des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V., für eine beste Bildung zur Sicherung von Fachkräften, wofür er sich mehr Ressourcen und  Prioritäten in der Gesellschaft wünschte und dafür, zusätzlich zu einer validen Datenbasierung, die gesamte Bildungskette genauso wie weltweite Megatrends im Blick haben müsse. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse man sich drei Maxime setzen: die Identifizierung von Visionen oder Kernzielen, eine Festlegung auf vorrangige Zielgruppen sowie die Priorisierung von Zielberufen. David Meinhard, Referent der Abteilung Berufliche Weiterbildung im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), musste sich leider entschuldigen.

In der Vertiefung betonte Herr Frese aus Sicht der Praxis, den zentralen Faktor von Daten sowie den der Akteursgemeinschaft. Um Fachkräfte gerade in einem vielfältig aufgestellten Landkreis wie Waldeck-Frankenberg, der zum einen stark industriell geprägt sei, zum anderen touristisch floriere und schließlich auch eine Region habe, für die der Kurbetrieb wichtigster Treiber sei, müsse diese Ausgangsituation strategisch eingebettet werden. Mit den passenden Daten könne man auch vor diesem Hintergrund bedarfsgerecht und frühzeitig steuern, wobei auch überregionale Potenziale relevant seien. Dem pflichtete Martina Lenz bei und verwies auch auf die Angebote der BA selbst, die entsprechende Daten zur Verfügung stelle. Zudem verwies sie auf das Angebot des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) sowie des Hessischen Statistischen Landesamts. Wesentliche Schwerpunkte zur Lösung des Fachkräftemangels bildeten für die BA zukünftig die berufliche Weiterbildung und eine innovative Bildungszielplanung. Sie wies darauf hin, dass aufgrund der demografischen Entwicklung alle Potentiale zur Fachkräftesicherung ausgeschöpft werden müssten. Es brauche mehr digitale und mehr kleinteilige Angebote; auch Frauen und Geringqualifizierte stärker in den Fokus zu nehmen, Kinderbetreuungsangebote und Praktikumsplätze auszubauen sowie insgesamt mehr auf Förderketten zu setzen, könnten hilfreiche Anker sein. Nicht zuletzt müsse das Qualifizierungschancengesetz stärker vor Ort beworben werden, damit es wirken könne. Dirk Werner griff diese Ansätze auf und beschrieb dabei notwendige Entwicklungsszenarien. Neben der grundsätzlichen Beachtung einer besser verzahnten Bildung bis zum Arbeitsmarkt, müssten Förderketten eine höhere Berücksichtigung finden. Auch die Forderung, grenzüberschreitend zu wirken, nahm Werner auf und ergänzte diese Idee auch auf Landesgrenzen auszuweiten. Ein Beispiel dafür seien berufsüberschreitende Fachklassen, was auch für Hochschulen denkbar wäre. Insgesamt müssten beschriebene Visionen mit Leben gefüllt werden und gute Ideen bekannt gemacht werden, unabhängig von Konkurrenzgedanken.

Abschließend führten die drei Diskutant*innen die für sie aktuell wichtigsten Herausforderungen aus. Diese sah Herr Frese zum einen im ländlichen Raum und zum anderen beim Handwerk. Es brauche gute Praktiker, um Anreize zu schaffen. Zudem müsse man Arbeitgebern davon überzeugen, in den Dialog mit den Jugendlichen zu gehen. Gelingensfaktor sei schließlich immer wieder der ÖPNV. Martina Lenz schloss sich ihm an und fügte hinzu, dass Unternehmen viel stärker für das lebenslange Lernen aufgeschlossen werden müssten sowie die Angebote der BA dafür weiter bekannt gemacht werden müssten. Drei weitere Herausforderungen führte Dirk Werner auf: Von den Megatrends ausgehend seit es extrem wichtig, die Energiewende über Bildung und Fachkräftesicherung anzugehen. Dann forderte er eine Bildungswende die mehr Qualität, mehr Ressourcen und mehr individuelle Begleitung beinhalte; auch die Unternehmen müssten in die Pflicht genommen werden. Schließlich adressierte er die Kommunen, die sich als verantwortlich für neue Lösung verstehen, und zusammen mit den anderen Netzwerkakteuren sich als Lösungspartner sehen müssten.

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