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Impuls

Fachkräftemangel in Hessen?! Wo stehen wir? Was sind die größten Herausforderungen?

Dirk Werner, Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KoFa) des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V.

Hintergrund: Fachkräfte für eine Gesellschaft im Umbruch

Dirk Werner vom Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KoFa) des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.  ging in seinem einführenden Impuls auf zentrale Entwicklungen und Hintergründe in der Fachkräftethematik ein. Dabei erläuterte er entlang der "vier Ds" (De-Globalisierung, Dekarbonisierung, Digitalisierung, Demografischer Wandel), wie gesellschaftliche Umbrüche und Megatrends aktuell zeitgleich wirken, sich überlagern und gegenseitig verstärkten. Insbesondere der digitale Wandel und die Dekarbonisierung (Stichwort: Energiewende) hätten entscheidende Wirkung auf den Fachkräftebedarf. Entsprechend sei die Förderung von Fachkräften für diese Bereiche ein bestimmender Schlüsselfaktor für eine zukunftsfähige gesellschaftliche Entwicklung.

Situation in Hessen: Zunehmender Fachkräftemangel, aber regional verschieden

In Hessen sei ein zunehmender Fachkräftemangel zu verzeichnen, der sich regional unterschiedlich gestaltet. Aktuell könnten offene Stellen in vielen Branchen nicht qualifiziert besetzt werden – das zeige der ungewöhnlich hohe Überhang an offenen Stellen gegenüber der Zahl der Arbeitssuchenden. Die zehn am stärksten von Engpässen betroffenen Berufe (u.a. Informatik, Soziale Berufe, Bau und Handwerk) machten ein Drittel des Fachkräftemangels in Hessen aus, so Werner; viele davon seien essenziell für die Gesellschaft und den sich vollziehenden Wandel. Es müssten also mehr Menschen für bestimmte Branchen in bestimmten Regionen angeworben, ausgebildet oder nachqualifiziert werden. Hinzu kommen die demografischen Entwicklungen: Es sei davon auszugehen, dass bis 2030 ca. 5 Millionen Arbeitskräfte in den Ruhestand gehen, für die keine Nachfolge gewährleistet ist. Dies benötige nach aktuellen Berechnungen eine Nettozuwanderung von 500.000 Fachkräften pro Jahr. Die Altersstruktur wie auch die Bedarfe nach Branchen sei dabei regional unterschiedlich verteilt.

Vor allem Fachkräfte mit Berufsausbildung fehlten, aber auch Stellen für Akademiker seien schwer zu besetzen. Gleichzeitig gebe es in einigen anderen Berufen mehr Arbeitslose als Fachkräftebedarf; hier müssten Berufe wieder attraktiver (und krisensicherer) gemacht werden oder Fachkräfte für andere Berufe qualifiziert.

Die attraktive Region als Marke und Kümmerer

Instrumente der Fachkräftesicherung lägen einerseits in den Händen von Unternehmen, die sich als attraktiven Arbeitgeber positionieren, Mitarbeiter gezielt finden, binden und weiterbilden sowie Nachwuchskräfte ausbilden können. Regionen könnten dem Strukturwandel auf ganz ähnliche Weise begegnen: Auch hier ginge es darum, die Attraktivität einer Region zu steigern, Talente in der Region zu erschließen und zu halten. Zentrale Handlungsfelder hierfür seien unter anderen eine hohe Bildungsqualität und die Förderung einer (ortsunabhängigen und zeiteffizienten) Digitalisierung von Aus- und Weiterbildung, die Förderung von Netzwerken vor Ort, um verschiedene Akteure der
(Aus-)Bildung zusammenzubringen und berufliche Orientierung und Einstiege zu erleichtern.  Auch ein gezieltes Regionalmarketing zur Steigerung der Attraktivität für Menschen und Unternehmen vor Ort sei zentral. Eine lösungsorientierte Kommunalverwaltung könne hierfür wichtiger Ansprechpartner und "Kümmerer" sein, datenbasierte Entscheidungen erleichtern und nachhaltige Strukturen aufbauen.

Diskussion

Die anschließende Diskussion fokussierte auf wichtigste kommunale Handlungsfelder, in der insbesondere ein datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement entscheidende Rollen einnehmen könnten. So seien laut Werner folgende Punkte besonders wichtig:

  • Berufsorientierung und die duale Ausbildung stärken: Ausbildung bewerben, Abbrüche vermeiden durch Vertrauenspersonen
  • Matching zwischen Unternehmen und potentiellen Bewerber*innen herstellen: gute Erfahrungen mit Lotsenfunktionen, Netzwerken, Berufseinstiegsbegleitung;
  • Der Aufbau einer Marke für die Region durch Vernetzung und Plattform für Zusammenarbeit
  • Netzwerke stärken (auch überregional): Akteure bestärken und zusammenholen (Weiterbildung, Unternehmen, lebenslanges Lernen)
  • Wichtige Zukunftskompetenzen in der ganzen Bildungskette priorisieren (Digitalisierung und Dekarbonisierung)
  • Datenbasierte Entscheidungen treffen: Fachkräftedatenbank des IW wird 2023 öffentlich zugänglich; ansonsten böte die BA Daten auf Ebene der Arbeitsmarktregionen
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