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Ankommen – Einleben – Mitwirken. Integration durch Bildung

Art: Fachtag
Ort: EVO AG, Alte Schlosserei, Offenbach am Main
Datum: 21.06.2017
Uhrzeit: 10:00-16:30 Uhr

Der Schlüssel für die erfolgreiche Integration (Neu-)Zugewanderter und Geflüchteter liegt vor Ort. Die Gestaltung von Integration ist dabei Chance und Herausforderung zugleich, für Kommunen, Landkreise, Wirtschaft, Bevölkerung und Ankommende. Diese Chancen und Herausforderungen diskutierten anhand zahlreicher Beispiele die rund 100 Teilnehmenden, die am 21. Juni der Einladung zum Fachtag der Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Hessen nach Offenbach gefolgt waren.

Unter dem Titel "Ankommen – Einleben – Mitwirken. Integration durch Bildung" tauschten sich Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunalverwaltungen sowie Teilnehmende verschiedener Programme auf Landes- und Bundesebene über Möglichkeiten und Grenzen von Integration durch Bildung aus. Ihnen allen ist die Überzeugung gemein, dass Bildung Ausgangspunkt einer gelingenden Integration (Neu-)Zugewanderter in Kommunen und damit in die Gesellschaft ist. Ein besonderes Augenmerk lag unter anderem auf den Erfahrungen der Stadt Offenbach durch die (als sogenannte "Arrival City") bereits im Kontext der Architekturbiennale in Venedig 2016 das Ankommen in Deutschland zum Thema gemacht wurde.

Einleitend unterstrich Joachim Winter, Geschäftsführer der INBAS GmbH, bei der die Transferagentur Hessen angesiedelt ist, die Relevanz des Themas: "Die Integration Zugewanderter ist ein Thema höchster politischer Priorität, es umfasst bildungs-, sozial- wie auch arbeitsmarktpolitische Aspekte."

Die Leiterin der Transferagentur Hessen, Felicitas von Küchler, gab anschließend einen Überblick zu den Unterstützungsangeboten und -formaten, die die Transferagentur hessischen Kommunen auf dem Weg zum Aufbau kommunaler Bildungslandschaften zur Verfügung stellt. "Wenn es um die Integration Zugewanderter und Geflüchteter geht, dann müssen wir diese in einer aktiven Rolle denken."

In seinem Grußwort sprach Christian Schewe, Vertreter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), den anwesenden hessischen Kommunen seinen Dank aus. "Sie sind die Experten", so Schewe. Das BMBF stelle den Rahmen, die Fachleute setzten vor Ort um. So auch die 2015 entstandene Förderrichtlinie zur Koordination der Bildungsangebote für Neuzugewanderte. Er wies darauf hin, dass Integration durch Bildung ein langer Prozess sei, bei dem viele Akteure zusammenarbeiten müssten. "Integration ist eine Gemeinschaftsaufgabe, eine Querschnittsaufgabe in den Kommunen. Wir müssen Bildung integriert denken."


Was Kommunen bereits tun

Prof. em. Dr. Friedrich Heckmann, Co-Leiter des Europäischen Forums für Migrationsstudien an der Universität Bamberg, erläuterte im Anschluss kommunale Handlungsmöglichkeiten und Strategien im Bildungs- und Integrationsbereich. Als Voraussetzung für eine gelingende Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund betonte er die Bedeutung ganzheitlicher Ansätze, die auch die Eltern einbeziehen und wies auf den Zusammenhang von Schulqualität und Sozialintegration hin. In Verbindung mit einer entsprechenden Stadtteilerneuerung könne so einer unerwünschten Segregation an Schulen entgegnet werden.

Welche Wege der Integration durch Bildung gehen Städte und Landkreise bereits?

In den anschließenden drei Fachforen stellten erfahrene Vertreterinnen und Vertreter aus hessischen Kommunen Strategien und Projekte zur Umsetzung kommunaler Integration durch Bildung vor.

Bildungsmanagement und Bildungskoordination für Neuzugewanderte: Herausforderungen, Ansätze und Praxis in der Stadt Offenbach

Auf großes Interesse stieß das Fachforum "Bildungsmanagement und Bildungskoordination für Neuzugewanderte". Kai Seibel, Leiter der Fachstelle Bildungskoordinierung und Beratung und Nadira Korkor, Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte, stellten integrierte Ansätze in kommunaler Bildungssteuerung der Stadt Offenbach vor. Bildung hat in Offenbach schon seit langem einen hohen Stellenwert. Neben vielen zusätzlichen Bildungsangeboten hat die Stadt seit 2004 eine kontinuierliche Bildungsberichterstattung und außerdem umfassende Koordinations- und Kooperationsstrukturen aufgebaut. Um die Bildungsangebote für Neuzugewanderte zu optimieren, arbeiten kommunales Bildungsmanagement, Bildungsmonitoring und die kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte eng zusammen und konnten mittels einer umfassenden Akteursbefragung erste zentrale Bedarfe ermitteln, wie z.B. in Feldern der Deutschsprachförderung, der Verzahnung bestehender Angebote, der Übergangsoptimierung oder der Familienbildung.

Bildung und Integration in ländlichen Räumen koordinieren: Der Masterplan Integration als partizipative Grundlage für die Bildungskoordination im Werra-Meißner-Kreis

Die Bildungskoordinatorin des Werra-Meißner-Kreises, Stefanie Saame, erläuterte den Entstehungs- und Gestaltungsprozess des Masterplans Integration, der – unterstützt durch den Landrat des Kreises – als konzeptionelle Grundlage für die Integrationsarbeit im Landkreis dient. Im Rahmen eines partizipativen Prozesses, zu dem alle relevanten und interessierten Akteure im Themenfeld Integration eingeladen waren, bildeten sich mehrere Arbeitsgruppen, die einzelne Themenbereiche der Integration vertiefend ausarbeiteten. Die Integrationsstrukturen im Werra-Meißner-Kreis wurden datenbasiert analysiert, Bedarfe und Lücken ermittelt und Handlungsempfehlungen formuliert. Mithilfe dieses Verfahrens wurde so ein konsensorientiertes und praxisnahes Grundgerüst als Orientierungsrahmen für die weitere Integrationsarbeit im Kreis entwickelt.

Sprachvermittlung z.B. mit "Einstieg Deutsch" als Schlüssel für die Integration durch Bildung in Stadt und Kreis Kassel

Katharina Seewald, Leiterin der Volkshochschule Region Kassel, erläuterte neben differenzierten Sprachlernangeboten in Kreis und Stadt Kassel das bundesweit geförderte Projekt "Einstieg Deutsch", das auf die sprachliche Erstförderung von Geflüchteten zugeschnitten wurde. Es richtet sich an Personen ab 16 Jahren, die noch keinen Integrationskurs besuchen, auch mit unklarer Bleibeperspektive.

Das Angebot beruht dabei auf einem Blended-Learning-Konzept, das klassischen Deutschunterricht mit Online-Selbstlernmöglichkeiten verbindet und eine elementare und alltagsnahe Sprachförderung zum Ziel hat. Durch geschulte hauptamtliche Lehrkräfte und ehrenamtliche Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter sowie Praxisübungen auf Exkursionen, werden Teilnehmende hier vielschichtig und abwechslungsreich im Deutschlernen unterstützt und an autonomes Lernen herangeführt.

Von Vorteil für Kommunen seien besonders die geringen eigenen Aufwendungen durch die finanzielle Förderung sowie eine zügige Beantragungsphase, eine Herausforderung dagegen die Raum- sowie Personalfindung sowie die Frage der Verstetigung des Angebotes.

Wo ankommen?

Anna Scheuermann, Kuratorin der Ausstellung "Making Heimat" im Deutschen Architektur Museum Frankfurt a.M., nahm mit ihrem Vortrag "Offenbach Is Almost All Right – Offenbach ist ganz okay" eine globale Perspektive auf Zuwanderung ein. Sie erläuterte, mit Bezug auf die Thesen in dem Buch "Arrival City" von Doug Saunders, die Bedingungen, unter denen Integration in städtischen Ballungsräumen gelingen kann. So seien es nicht Städte in ihrer Gesamtheit, die als Arrival City fungierten, sondern einzelne Stadtteile, die oft lediglich als vorübergehende ‚Transiträume‘ in Wanderungsbiographien dienten. Die These: Ist eine Arrival City auf ihre Neuankömmlinge vorbereitet, wird sie keinesfalls zum Rand- oder Elendsviertel, sondern kann Vorreiterin für sozialen Aufstieg und gesellschaftliche Integration sein.

Integration durch Bildung in der Praxis vor Ort

In den drei Praxisimpulsen präsentierten Akteure aus den Landkreisen Fulda und Waldeck-Frankenberg sowie von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen in Hessen Beispiele für eine gelingende "Integration durch Bildung".

Ausbildung für junge Geflüchtete im ländlichen Raum

Der Bildungskoordinator des Hochtaunuskreises, Rainer Hoffmann-Alfke, hob hervor, dass für ein "Lernen lernen" alle Lernkanäle angesprochen werden sollten: Hören, sehen, tasten, fühlen und nicht zuletzt ausreichend Zeit seien erforderlich, um Lerninhalte verinnerlichen zu können. Dies sei unabdingbar, um Menschen mit anderen soziokulturellen Hintergründen auf ein Arbeitsleben in Deutschland vorzubereiten.

Friedrich Schüttler, Leiter des Berufsbildungszentrums Korbach und operativer Leiter des Berufsförderungswerks des Handwerks gGmbH der Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg, stellte ein Projekt zur Vorbereitung Zugewanderter auf eine Berufsausbildung vor. Eine achtmonatige Vorbereitungsphase mit Deutschkurs und Qualifizierung in der Baulehrwerkstatt mündet in Kontakte zu Betrieben, in denen die Ausbildung fortgesetzt wird. Der Projekterfolg beruhe nicht zuletzt auf gut ausgebildetem Personal, Empathie, konsequent durchgehaltenen Anforderungen an die Teilnehmenden sowie auf gezielter Teilnehmerakquise. Das Projekt "Flüchtlinge und Asylbewerber ins Bauhandwerk" gehört zu den Projekten, die im Jahr 2016 mit dem hessischen Integrationspreis ausgezeichnet wurden.

Von Mogadischu nach Fulda – Wege zur Integration durch Bildung für neuzugewanderte Frauen

Im Praxisimpuls zwei stellte Khulud Sharif-Ali, Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte im Landkreis Fulda, Ursachen und Umstände der Flucht von Frauen sowie Schwierigkeiten und Zukunftsperspektiven im Ankunftsland Deutschland dar. Im Zentrum standen hierbei die oft speziell Frauen betreffenden Fluchthintergründe und -umstände sowie die Beschreibung der besonderen Schutzbedürftigkeit derselben. Neben dieser Darstellung wurden mögliche Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Situation geflüchteter Frauen in Deutschland besprochen, wobei konkrete Initiativen aus dem Kreis Fulda mit den Teilnehmenden diskutiert und weitere kommunale Beispiele ausgetauscht wurden.

Ehrenamtliches Engagement: Eine Chance für Kommunen

Die Impulsbeiträge begannen mit einigen zentralen Eckpunkten zu Bedingungen und Strukturen des bürgerschaftlichen Engagements in Hessen: Sigrid Jacob von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen in Hessen (LAGFA) unterstrich zum einen die insgesamt hohe Bereitschaft der Engagierten, sich weiterhin in ihren Kommunen einzusetzen. Gleichzeitig stelle sich für Kommunen die Frage, wie sie Ehrenamtliche durch passende Fortbildungs- und Koordinationsangebote in ihrer Arbeit fördern können. Diese Punkte griffen ebenfalls Matthias Feuerstein und Christian Brinkmann vom Landkreis Fulda in ihrer Präsentation der Freiwilligenkoordination in ihrem Kreis auf: Mit einer eigens dafür gegründeten Koordinationsstelle biete der Landkreis seinen Ehrenamtlichen unbürokratische und möglichst unkomplizierte Unterstützung an.

Erwartungen an und von Geflüchteten

Prof. Dr. Philip Anderson von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg stellte in seinem Abschlussvortrag "Herausforderungen und Chancen für die Integration durch Bildung im Sozial- und Gemeinwesen" vor. Er formulierte Anforderungen an Bildungs- und Integrationsmaßnahmen aus der Perspektive junger Geflüchteter und verband seine Ausführungen mit Gestaltungsmöglichkeiten für Kommunen. Anschaulich beschrieb Anderson die unterschiedlichen Bildungs- und Lebenserfahrungen junger männlicher Geflüchteter aus Afghanistan und Syrien, deren Einstieg ins deutsche Bildungssystem und ihre Integration in den Alltag.

Ein Resümee: Integration und Kommunales Bildungsmanagement in Offenbach

Im Schlusswort unterstrich der Offenbacher Bildungsdezernent Paul-Gerhard Weiß, dass sich die Stadt Offenbach bereits seit Ende der 1970er Jahre mit Fragen der Integration beschäftige und im Zuge dessen auf einen großen Erfahrungsschatz zurückblicken könne. Hierbei spiele das kommunale Bildungsmanagement eine wichtige Rolle, denn der Stadt sei es damit gelungen, trotz immer neuer Herausforderungen erfolgreiche Arbeit zu leisten. So ermutigte er Kommunen dazu, ihre Strukturen nach und nach weiterzuentwickeln, Bildungslandschaften aufzubauen und an die vor Ort jeweiligen Bedarfe anzupassen.

Galerie

Fotos: Joachim Storch

Kontakt

Julia Klausing
Telefon: 069 / 27224-741
E-Mail: julia.klausing@remove-this.transferagentur-hessen.de

Carolin Seelmann
Telefon: 069 / 27224-735
E-Mail: carolin.seelmann@remove-this.transferagentur-hessen.de

Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Hessen
Telefon: 069 / 27224-750
Fax: 069 / 27224-30
INBAS GmbH, Herrnstraße 53, 63065 Offenbach

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